Ich weiss, dass man über Kunst (nicht oder doch?) streiten kann.
In keinem Fall streiten soll man über die Gestaltungsfreiheit eines Künstlers, denn ohne sie könnte Kunst ja nicht zur Kunst werden.
Vor einiger Zeit betrachtete ich der Duisburger „Küppersmühle“ *) Kunstwerke, für die ich mich durchaus so richtig begeistern konnte.
Ich sah aber auch Skulpturen und Bilder, bei denen ich bei bestem Willen nicht nachvollziehen konnte, was an ihnen so bewundernswert – und erst recht so bedeutend sein soll („Is dat Kunst, oder kann dat weg?“).
Da ging ich dann lieber einfach weiter – zum nächsten Kunstwerk.
Meine Wurzeln liegen in Gelsenkirchen, und obwohl ich weit mehr als vier Jahrzehnte nicht mehr dort lebe, fühle ich mich mit der Stadt eng verbunden. Und so ist es wohl kein Wunder, dass ich mich immer wieder an einem dort weithin sichtbaren „Kunstwerk“ reibe, wenn ich daran vorbeifahre.
Es ist für mich „der Pappkopp von Horst“ – eine 18 Meter hohe und viele Tonnen schwere Figur namens „Herkules“, auf einem Turm der ehemaligen Zeche Nordstern in GE-Horst stehend, geschaffen von Markus Lüpertz, die Stärke, Mut und Tatkraft des Ruhrgebietes darstellen soll.
Diese Symbolik muss der Künstler sehr geschickt versteckt haben. Schrieb doch die Presse, dass die Bewohner vermutlich die Symbolik nicht verstehen würden, weil sie es schwierig finden könnten, eine moderne Skulptur mit der Vergangenheit ihrer Stadt zu verbinden.
So viel dazu, wie wenig man den Menschen in dieser Stadt zutraut, die man lieber auf Bergbau- Nostalgie und Schalke-Symbole reduziert.
Und warum reibe ich mich an der Figur da oben auf der Zeche Nordstern in Gelsenkirchen-Horst?
Zum einen, weil ich diesen, wie aus Pappmaché zusammengekleisterten Kerl da oben einfach nur hässlich finde.
Das ist dann einfach nur meine Sache. Meine Ansicht, meine Meinung.
Wer den Unterschied zwischen Meinung und Tatsache kennt, weiß: hier gibt es kein Richtig oder Falsch.
Andere finden ihn vielleicht schön. Und es ist in Ordnung.
Zum anderen, weil ich das Auftreten des Künstlers in der Öffentlichkeit, aber auch seine Einlassungen in einem vor einiger Zeit gehörten WDR-Radio-Interview als hocharrogant empfand.
So schreibt man auch bei Wikipedia über Herrn Lüpertz: zit.: „der seinen eigenen Geniekult betreibt“. Zitat Ende.
Und die Köpfe seiner Figuren sehen für mich in etwa alle gleich aus, sei es vor dem Bremer Hauptbahnhof, vor dem Post-Tower in Bonn, an der Mündung von Ruhr und Rhein in Duisburg, oder im Küppersmühle-Museum: wiederholt ähnliche missgestaltete Pappmasche`-Köppe – Kunstunterricht dritte Klasse Grundschule.
Auch nur meine persönliche Empfindung. Ein Anderer sieht das möglicherweise – und mit gutem Recht – anders.
Und wat is nu mit dem Kerl da oben?
Ich glaube, mich ärgert es, dass den Horster Bewohnern drumherum diese (für mich) verunglückte Figur mit ihrem verkrüppelten Fingern und nacktem Hintern ungefragt so hoch und deutlich sichtbar vor die Nasen gestellt wurde, dass niemand ihr ausweichen kann.
Nicht einmal nachts, weil weithin sichtbar beleuchtet. Und das wirklich weithin.
In einem Museum kann ich en passant einfach daran vorbeigehen.
Doch hier guckt der Blaubart immer von oben herab und freut sich vielleicht klammheimlich,
dass ich mich schon wieder über ihn ärgere.
Und Herr Lüpertz lacht sich ins geniale(!) Fäustchen.
Bissi Tage!
P.S.:
Irgendwo las ich einmal, dass Kunst erst dann als gelungen betrachtet werden kann, wenn Menschen sich an ihr reiben. Genau das würde ein Kunstwerk lebendig und bedeutsam machen.
So ein Mist! Jetzt wird der Pappkopp von Horst durch meinen Groll auch noch wichtig?
Verdelli! Genau dat hab ich nicht gewollt!
*) Küppersmühle – Museum für moderne Kunst im Duisburger Innenhafen