Wirr im Kopp? Da hilft der Glaube an die große Trockenhaube. Diese Form der Religion existiert seit langem schon.
Seelen, Ahnen, Totengeister schmierten früher sich schon Kleister in die Haare auf dem Haupte, weil schon damals man dran glaubte, es schenkt Kraft und Trost und Gnade nur der Glanz von Haarpomade. Ja, der Glaube dieser Alten hat bis heute sich gehalten.
Ist das Christentum zum Gähnen, hilft der Glaube an die Strähnen Rom? Sixtinische Kapelle? Quatsch! Es ist die Dauerwelle! Frisch gelockt und mega-geil führt sie Dich zum Seelenheil.
Mecki- oder Stufenschnitt, schon ist man die Sorgen quitt.
Fehlt Lebenssinn Dir und Moral schenkt Wellaform und L’Oréal mehr Freude Dir – und auch Genuss als jeder fromme Klerikus.
Wirr im Kopp? Dann komm und glaube an die große Trockenhaube. Komm zu uns, lass Dich bekehren, denn die Kraft der scharfe Scheren rettet Dich und Deinen Hals. Unser Papst hieß Udo Waltz.
Amen.
„Manche Menschen halten Nonsens für Unfug. Das ist natürlich Nonsens.“ Gestern dicht – heute Dichter.
Es gibt noch gute – und wichtige Nachrichten, so wie diese in meiner Tageszeitung: Kylie Minogue besucht eine alte Hose!
Ich gestehe, nicht genau zu wissen, was Frau Minogue so hauptberuflich macht,
aber sie scheint wohl eine wichtige Person zu sein, denn immerhin berichtet die Westdeutsche Allgemeine Zeitung davon, dass die Dame in Australien eine alte Hose besucht hat, die sie im Jahre 2000 einmal trug.
Gut, dass die Welt davon erfährt!
Tja, wenn ich wüsste, wo meine alte Schlaghose von 1966 oder die Blümchen-Latzhose aus meiner FlowerPower-Zeit abgeblieben ist: ich würde die Buxen auch gern besuchen.
Ob sie sich noch an mich erinnern würden? Vielleicht vom Hintern her?
Gut, der war vielleicht damals etwas straffer, aber nur etwas.
Vom Kopf her vermutlich weniger, denn mein Haupthaar ist mir in den letzten Jahrzehnten etwas abhanden gekommen.
Wiederbringer erhält Belohnung, und dürfte die Buxen behalten.
Verdelli! Sachen gibt et: dat glaubsse nich! Bis die Tage!
Hohes Gericht, ich möchte aufrichtig mein Bedauern über meine frevelhafte Tat zum Ausdruck bringen. Ich kann es mir selbst nicht erklären, wie es dazu kommen konnte, dass ich mit dem rechten Vorderreifen meines Autos über die Grenze des Parkstreifens zum Bürgersteig geraten konnte. Vermutlich war ich in diesem Augenblick geistesabwesend, vielleicht abgelenkt, vielleicht hat mich aber auch die Freude, einen kostenfreien Parkstreifen gefunden zu haben, gefühlsmäßig derart übermannt, dass ich sämtliche Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer, in diesem Fall auf eine mögliche fünfköpfige Fußgängergruppe, die sich – erst nebeneinander gehend – plötzlich auf dem breiten, aber von mir um 22,5 cm Reifenbreite eingeschränkten Gehweg hätte beschränken müssen, ausser acht gelassen habe. Wie auch immer: ich erinnere mich nicht und bitte für diesen Umstand um gleiche Nachsicht, wie sie auch unserem Herrn Bundeskanzler in einem weit schwerwiegenderen Vergehen als meinem, zuteil wurde. Ich hoffe aufrichtig, dass durch mein schändliches Verhalten niemand zu Schaden gekommen ist. Damit könnte und wollte ich vermutlich nicht mehr leben. Ich gelobe, künftig in ähnlichen oder gleichgelagerten Situationen die Straßenverkehrsordnung peinlichst beachten zu wollen, und schließe mein letztes Wort mit einem Zitat von Curt Goetz aus dem „Haus von Monte Video“: „Ich sehe ein, dass ich eine Strafe verdient habe und bitte um eine gehörige solche.“
Es ist Mittwoch, der 17. Oktober 1973 in Essen-Kray.
Ein richtig schöner, stiller Herbsttag, die Sonne scheint durch das Fenster meines Büros, von dem aus ich direkt auf die Kaserneneinfahrt mit dem kleinen, schwarz-rot-gelb gestreifte hölzerne Wachhäuschen neben dem heruntergelassenen Schlagbaum blicken kann. Ich bin Mitarbeiter des größten Zirkus Deutschlands, auch Bundeswehr genannt.
Still ist es, weil beinahe das gesamte Bataillon für eine mehrtägige Fernmelde-Übung ins Irgendwo ausgerückt ist und die Kaserne wie ausgestorben daliegt.
Ich habe das Glück, meine Dienstzeit im Stabsbüro des Kasernenoffiziers zu verbringen, was mir die Teilnahme an der ungemütlichen Übung da draußen erspart. Und während die Truppe das kommende Wochenende in der Wildnis zubringen muss, freue ich mich schon auf Samstag, weil ich mit lieben Freunden verabredet bin, die ich schon sehr lange nicht mehr gesehen habe. Das wird richtig toll.
Telefon! Es ist mein Kasernenoffizier, wir haben den gleichen Humor und Unsinn im Kopf: „Lothar, guck mal aus dem Fenster, da ist so ein BILD-Reporter an der Wache. Der will ein Interview mit Heinz Blasey machen, der Fußballspieler, der bei uns ´ne Wehrübung macht. Geh doch mal hin, und sag dem Zeitungsfritzen, dass er das Kasernengelände nicht betreten darf. Aber, wenn er will, kann er das draußen vor dem Tor machen. Der Heinz Blasey sitzt drüben im Wachgebäude, den kannst Du ja mit vors Tor nehmen.“
Weil ich absolut fußballdumm bin, weiß ich nicht, wer Heinz Blasey ist. Scheint wohl berühmt zu sein. Mein Kasernenoffizier klärt mich auf: Heinz Blasey ist Bundesliga-Torwart bei Rot-Weiß Essen und hat gestern noch an der Hafenstraße gegen Eintracht Frankfurt*gespielt. Aha.
Ich schließe mein Büro ab, gehe rüber ins Wachgebäude und finde Heinz Blasey beim Plausch mit anderen Kameraden. Er weiß schon Bescheid, wir gehen die wenigen Schritte zum Kasernentor, wo der Zeitungsmensch mit einer Fotokamera in Hand wartet.
Der Reporter wechselt mit unserem prominenten Wehrübenden ein paar Worte über das gestrige Spiel und hat die Idee, ein Foto zu machen, auf dem es so aussieht, als ob Heinz Blasey am Kasernentor Wache schiebt und mich beim Passieren der Kaserne kontrolliert. Die Szene ist schnell arrangiert, das Foto im Kasten.
Ich frage den Reporter, wann das wohl erscheint. „Müsste morgen drin sein.“ Dann verabschieden wir uns.
Heinz Blasey und ich gehen wieder in die Kaserne zurück und unterhalten uns noch eine Weile. Er macht bei uns bis zum Monatsende eine Wehrübung, wird aber für Training und Spiele selbstverständlich immer freigestellt. Sympathischer Kerl!
Man kommt ja nicht alle Tage in die Zeitung, also berichte ich jedem, der sich nicht wehren kann, stolz davon und bin schon ganz doll gespannt.
Der Donnerstag ist da. Schon sehr früh am Morgen kaufe ich mir am Gelsenkirchener Hauptbahnhof eine Bildzeitung, entdecke das Foto, freue mich und fahre nach Essen-Kray in die Kaserne. Einige Jungs dort haben den Artikel auch schon gelesen und feixen. Ich habe Spaß – und genieße fröhliche Aufmerksamkeit.
Aber nur bis zum Mittag…
Telefon.„Lange? Sie sollen sofort zum Kommandeur!“
Wie? Ich denke, der ist doch irgendwo zur Übung weit weg. „Jawoll! Ich komme.“
Der Kommandeur ist kurzfristig aus der Übung in die Kaserne gekommen und sitzt nur wenige Türen weiter in seinem Büro. Weil wir uns fast täglich begegnen und diesntlich miteinander zu tun haben, ahne ich nichts Böses. Vermutlich hat er auch schon den Artikel gelesen.
Ich klopfe an seine Tür, darf eintreten: „Melde mich wie befohlen, Herr Oberstleutnant!“
Der Kommandeur sitzt an seinem Schreibtisch, seine Miene ist ernst.
Er lässt mich weiter stillstehen – ohne sein von mir erwartetes „Stehen Sie bequem!“ bleibe ich in dieser Haltung und spüre irgendwie, dass die Situation wohl nicht angenehm zu werden scheint.
Vor ihm liegt die aufgeschlagene Bildzeitung mit dem Artikel. Stille… Dann blickt auf. „Sind Sie von allen guten Geistern verlassen, Herr Unteroffizier? Was sehen Sie hier?“
Er kommt mit der Zeitung auf mich zu und zeigt auf das Foto, auf dem ich mit Heinz Blasey vor dem Kasernentor abgebildet bin. Ich weiß nicht zu antworten. „Sagen Sie: was sehen Sie hier?“ Ich bin unsicher. „Ach, Sie wissen es nicht? Gut, dann sag ICH es Ihnen: ich sehe hier einen Soldaten meines Bataillons, der auf diesem Foto das Ansehen der Bundeswehr in der Öffentlichkeit in hohem Maße beschädigt! Und dieser Soldat ist NICHT der Wehrübende auf dem Bild, sondern SIE, Herr Unteroffizier! Schauen Sie genau hin! Ihre Frisur ist doch wohl alles andere vorschriftsmäßig! Sollte es Ihnen möglicherweise entgangen sein, dass die Ohren nicht bedeckt sein dürfen und das Haar ist so zu tragen ist, dass Uniform und Hemdkragen nicht berührt werden? Vermutlich nicht! SIE werden nun ausreichend Zeit und Gelegenheit haben, Ihre Kennnisse über das Auftreten eines Soldaten in der Öffentlichkeit aufzufrischen. Sie besorgen sich die entsprechende Dienstvorschrift und treten ab morgen nach Dienstschluss übers Wochenende zum Wachdienst an. Am Montag melden Sie sich bei Ihrem Kompaniechef – mit vorschriftsmäßigem Haarschnitt!“ „Jawoll, Herr Oberstleutnant!“ „Wegtreten!“
Das saß!!!
Ich melde mich ab, drehe mich auf der Stelle um und verlasse geknickt das Kommandeurszimmer.
Dieser Anschiss sitzt mir tief in den Knochen. Ich fühle mich elend.
Das Wochenende, auf das ich mich so freue… Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiß Bundeswehr! Scheiß Bild-Zeitung!
Watt et nich allet gibt!
Da fährste so schön mitte Limousine auffe Autobahn und freust Dich,
datte mal so richtich freie Fahrt hass – und zack! – sind se alle am Bremsen.
Na toffte! STAU!
Die Hoffnung, datt dat nur ein kurzen Stau is, verfliecht.
Wat nich fliecht sondern kriecht, is der Verkehr: verplemperte Lebenszeit.
Und dat Gefühl, datte hilflos biss. .
Die Trulla aussem Navi hätte ja auch mal wat sagen können, datt ´n Stau kommt!
Und datte gezz auffe Überholspur stehst, dat is auch kein Trost, da stehsse auch nich schneller als die anderen.
Und dann hasse den Wunsch, Dein Auto könnte fliegen: einfach auffen Knopp drücken, Propeller raus und up up and away…
Is aber nich. Du stehss im Stau. Gezz bloß kein Blasendruck!
Doch wat seh´ich da? Hey, wat is dat denn da vorne für´n Wagen??
Wat steht da auf dem Schild? STRASSENUNTERHALTUNG?
Ja hömma! Dat is aber gezz mal´ne richtich gute Idee!
Auf das Programm bin ich gezz aber mal gespannt.
Endlich tun se mal wat für Deine Kfz-Steuer.
Wenn schon Stau, dann wenichstens mit Unterhaltung!
Ja – von wegen STRASSENUNTERHALTUNG! Fehlanzeige!
Pah! Da rührt sich nix: keine Kapelle, keine GogoGirls, die da auffe Ladefläche ausse Kiste springen. Nix. Nich mal ´n bissken Musik!
Obwohl se da zwei gelbe Disco-Lichter auffem Dach haben. Nix.
Ja, wat is dat denn für ´ne Autobahnnummer?
Typisch wieder öffentlicher Dienst.
Und der kleine Mann zahlt dat allet.
Manno! Ich krich´n Blutstau, wenn dat hier nich gleich weitergeht!
Is doch wahr.
Hand aufs Herz, was kommt Dir spontan in den Sinn, wenn Du den Namen Ernest Hemingway hörst? Geht es Dir vielleicht wie mir, dass Du einen bärtigen, zupackenden Abenteurertypen vor Dir siehst, wie er vor Kuba beim Hochseeangeln mit einem kräftigen Marlin kämpft? Denkst Du an den alten Mann und das Meer? Oder eher an das Ruhrgebiet? Moment mal: Hemingway und das Ruhrgebiet? Wie passt das denn zusammen?
Und doch: Hemingway war nach dem Ersten Weltkrieg als Reporter tätig. So berichtete er zum Beispiel 1923 aus Deutschland von der Ruhrbesetzung.
Zu finden als einer von 23 eindrucksvollen Texten in dem neu erschienenen Buch „In Sachen Stadtschaft“, herausgegeben von Dr. Dirk Hallenberger, das am Donnerstag, 16. März 2023 um 19:30 Uhr im Gelsenkirchener Kulturraum „die flora“ mit einer Lesung vorgestellt wird.
Und ich freue mich, bei dieser Veranstaltung ausgewählte Reportagen aus dem Buch lesen zu dürfen. Sehen wir uns?
Ankündigungstext durch Kulturraum „die flora“ Gelsenkirchen:
„In Sachen Stadtschaft – Literarische Reportagen und Aufzeichnungen zum Ruhrgebiet 1923 bis 1973“
2023 jährt sich zum hundertsten Mal der Zeitpunkt, an dem die ersten literarischen Reportagen zum Ruhrgebiet erschienen. Ursache war die Ruhrbesetzung (1923–25), durch welche die Region auch politisch auf sich aufmerksam machte. Erst in den 1960er- und 70er-Jahren entstand neues Interesse für die Reportage, wofür wiederum äußere Umstände maßgebend waren wie etwa die gewandelte Arbeitswelt mitsamt ihren Folgen.
Der Reportageband „In Sachen Stadtschaft“ ist chronologisch ausgerichtet und zeichnet mit 23 literarischen Reportagen und Aufzeichnungen von 1923 bis 1973 fünfzig Jahre Revier-Geschichte nach. Die Reportagen, darunter Autor*innen wie Lisa Tetzner, Ernest Hemingway oder Egon Erwin Kisch aus den frühen 1920er Jahren bis hin zu Josef Reding, Peter Fischer und Urs Jaeggi aus der Zeit des Strukturwandels, wählte der Literaturwissenschaftler Dr. Dirk Hallenberger aus. Er führt in die Thematik ein und beleuchtet die Hintergründe und Entwicklungen.
Lothar Lange liest ausgewählte Reportagen aus dem Buch.
Dirk Hallenberger (Hg.)
In Sachen Stadtschaft
Literarische Reportagen u. Aufzeichnungen zum Ruhrgebiet 1923 bis 1973
168 Seiten | geb. | Leseband
Schutzumschlag
Verlag Henselowsky Boschmann
ISBN 978-3-948566-15-9
14,90 €
Der Herausgeber befasst sich seit über 30 Jahren intensiv unter literaturgeschichtlichen Fragestellungen mit dem Ruhrgebiet, der Landschaft, der Geschichte, den sozialpolitischen Zusammenhängen.
Dr. Dirk Hallenberger, *1955 in Velbert, Germanist. Veröffentlichungen zur Sprache im Ruhrgebiet (1990), zur Literaturgeschichte des Ruhrgebiets (1990, 2000 u. 2019) sowie der Stadt Essen (2002). Im Verlag Henselowsky Boschmann hat er Revier-Reportagen (2005), Revier-Erzählungen (2007) und zwei Bücher mit autobiografischen Texten zum Ruhrgebiet (2012 u. 2018) herausgegeben.
Lothar Lange wuchs in den Fünfzigern in Gelsenkirchen-Erle auf und lebt heute in Oberhausen. Er schreibt selbst Geschichten über das Ruhrgebiet und ist eng mit dem Internetforum Gelsenkirchener Geschichten verbunden.
Das Buch erschien jüngst im Verlag Henselowsky Boschmann, der bei der Buchvorstellung ebenso vertreten sein wird wie die Gelsenkirchener Buchhandlung Junius.
Lesung und Gespräche mit Dirk Hallenberger. Donnerstag, 16. März 2023 19:30 Uhr · Eintritt: 5,00 €. Kulturraum „die flora“ Florastraße 26 45879 Gelsenkirchen
Reservierung und Info:
(0209) 169-9105 und flora@gelsenkirchen.de
Veranstalter: Kulturraum „die flora“ in Kooperation mit der Buchhandlung Junius
Es finden sich so wunderbare Texte in diesem Buch – vom Rauch über den Städten, einer Klüngelskerlfahrt mit dem Pferdekarren, von Gastarbeitern, Güterzügen und leeren Kartoffelsäcken: alle aufgeschrieben zwischen 1923 bis 1973
Es ist nicht schlimm, wenn Du Dich dabei ertappst, Selbstgespräche zu führen. Bedenklich ist es nur dann, wenn Du etwas Neues dabei erfährst.
____________________________________________
Wat ´ne bekloppte Welt!
Wenn man früher einmal jemanden gestikulierend und laut mit sich selbst sprechend auf der Straße antraf, dann war et sonnenklar:
„Der ist plemplem, zurückgeblieben, dat is hier der Dorftrottel, vermutlich im Suff gezeugt oder beim Wickeln vom Tisch gefallen. Kumma, ich glaubet nich: gezz sprichter mit sich selbst, die arme Socke. Tsss…
Und wie bekloppt dat aussieht: keiner is da, und der is am sabbeln ohne Ende.
Kumma! Gezz lachter laut, schüttelt mittem Kopp und is am Gestikulieren.
Dat is ein richtigen Alleinunterhalter! Man könnte sich beömmeln.
Na ja, Hauptsache, der is harmlos.und vergreift sich nich an Kinder.
Vielleicht isser sogar glücklich.Doof und glücklich, weil er ja nix merkt, von dat, wat um ihn herum allet los is inne Welt. Der hat nämlich seine eigene.
Arme Socke, sach ich doch!“
Und heute?
Heute guckt keiner mehr hin, wenn sich ein Mensch so seltsam verhält.
In der Stadt, den Straßen, in Bussen, Zügen, Strassenbahnen, sogar auf den Zebrastreifen: überall nur noch Selbstquasselköppe, wohinne auch kuckss!
Entweder mit´m Knopp im Ohr oder mit so´n fettet Sprechbrett anne Backe.
Und alle am sabbeln, ohne, datt überhaupt einer dabei is.
Et gibt auch einen Namen für die: Smombies (Smartphone-Zombies).
Früher? Da wär dat eindeutich ein Alarmzeichen dafür, datt et wohl ein Massenausbruch ausse Beklopptenanstalt gegeben haben muss: alle reden mit sich selbst – und dann noch mit so´n Frühstücksbrettchen anner Backe! Da hätte man sofort den Gummiwagen mit Blaulicht alarmiert, inne Hoffnung, datt et überhaupt so viele Zwangsjacken gibt, wie Bekloppte auf einen Haufen einzufangen wären.
Nee, dat is heute noch viel gefährlicher!
Wenn Du gezz nämlich der Einzige biss, der kein Knopp im Ohr hat, dann kann et Dir passieren, datt se Dich gezz für den Dorftrottel halten: „Kumma, der hat ja gar kein Knopp im Ohr, wat ein komischen Kerl! Der läuft hier einfach frei rum! Hoffentlich vergreift er sich nich an Kinder, der Typ!“ Und dann rufen die den Gummiwagen, und Du kommss inne Anstalt!
Und weisse, wat dat ganz Gemeine is?
Du hass nix dabei, womit Du gezz um Hilfe rufen kannz!
Is dat nich bekloppt?
Verdelli, wat ´ne verrückte Welt!
Ich sage es frei heraus: Menschen, die sich freiwillig einen Sprachfehler antun und diesen mit Eifer missionarisch zu verbreiten versuchen, kann ich nicht ernst nehmen, wobei ich grundsätzlich den Anstoß, über unbedachte Sprachgewohnheiten nachzudenken in Ordnung finde.
In den letzten Tagen suchte ich bei meinem Discounter umme Ecke Studentenfutter und konnte es nicht finden.
Und warum? Weil es nicht mehr Studentenfutter heißt, sondern „Pausenfüller“.
Den Vogel hat aber EDEKA in Bayern abgeschossen. Hier bekommt man nun Student*innenfutter.
Student*innenfutter!
Vermutlich aus alten geschredderten Parkas.
Kinder, es ist ein herrliches Gefühl.
Du betrittst ein Geschäft, bestaunst die Auslagen, die vielen Angebote, und Du weißt:
wenn ich wollte, ich könnte mir alles kaufen. Alles.
Sogar fünf- oder zehnfach.
Egal. Ich kann´s mir leisten.
Ernsthaft: ich kenne dieses Gefühl. Es ist absolut berauschend.
Als ich vor einiger Zeit erstmals in Rom weilte und von der Spanischen Treppe, die ja jedes Jahr auch als Podium für die Modeschau der berühmten italienischen Designer gilt, zur Piazza di Spagna hinunterging, führte mich der Weg am Brunnen Fontana della Barcaccia direkt auf die Via dei Condotti.
Hier befinden sich die Läden bekannter Marken wie GUCCI, ARMANI, CARTIER.
Die Schaufenster dort sind zwar eher spärlich, dafür aber hoch wertanmutend dekoriert.
Hier ein Paar Herrenschuhe schon ab 1.200 € , oder da: die Krawatte für läppische 480.- €
Schnäppchen eben.
Respekt einflössende Bodyguards verhindern, dass der gemeine Pöbel oder gar der tumbe Pauschaltourist die Heiligen Hallen der Schönen und Reichen mit seiner Anwesenheit entweiht.
Das ist auch gut so. Ich bin auch immer sehr dankbar für diesen Schutz vor den geifernden Massen, die mich nur bei meinem Einkauf stören oder mich gar dabei ablichten, wie ich gerade meine Geldkarte zücke – um später daheim damit zu prahlen: “Ihr glaubt es nicht, wen ich beim Shopping gesehen habe!!!“
Wie aber schon beschrieben, gönne ich mir ab und zu dieses Gefühl des beinahe unbegrenzten Einkaufens.
Kinder, mal ehrlich: das Leben ist so kurz. Morgen kann alles schon vorbei sein.
Kaufrausch? I wo.
Man muss auch hin und wieder gut zu sich selber sein dürfen. So simpel ist das.
Ja, und ich gestehe, die Möglichkeit, sich einfach mal was Tolles aus dem Warenangebot herauszusuchen – und es locker bezahlen zu können, ohne darüber nachdenken zu müssen, ob man es sich leisten kann, hat für mich beinahe etwas Erotisches.
Heute war wieder so ein Tag.
Nein, nicht auf der Via dei Condotti in Rom.
Aber auf der Gelsenkirchener Bahnhofstraße im Ein-Euro-Paradies..
Verdelli, hier im schwatten Kohlenpott isset duster, der Himmel grau, nix ist grün, von Natur keine Spur. Und et stinkt hier ganz furchtbar nach frischer Luft. Wat willze machen?
Beweisfotos von heute anner Ruhr zwischen Mülheim und Kettwig:
Eine bunte Tüte, gefüllt mit verschiedensten Gedankensplittern, Erinnerungen an das Ruhrgebiet aus der Zeit der Pettycoats und des Wirtschaftswunders, ein Mix aus Verrücktheiten, auch Tiefsinnigem, Gemaltem, Gereimtem, Erfundenem und vielleicht nicht immer ganz zu Ende Gedachtem. Achtung: Kann Spuren von Nonsens und Kohlenstaub enthalten.
Kohlenspott?
Eine bunte Tüte, gefüllt mit Gedankensplittern, Erinnerungen an das Ruhrgebiet zur Zeit der VW-Käfer, der Pettycoats und des Wirtschaftswunders, vermischt mit allerlei Nonsens.
Doch auch Tiefsinniges, Gemaltes, Gedichtetes & Hörbares wird sich hier finden lassen.
Hinweis: Kann Spuren von Kohlenstaub enthalten.