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Scham is ja gezz ganz groß in Mode.
Erst kam ja die Flugscham, eine Erfindung aus Schweden (flygskam), und wenn ich dat richtig verstanden habe, fliegt man zwar weiterhin preiswert inner ganzen Weltgeschichte rum, wichtig ist nur, datt man dabei aber ein schlechtet Gewissen hat und sich auch schön ordentlich flugschämt.
Et gibt aber auch wat ganz Positivet zum Scham-Ausgleich: den Zugstolz, den man mit ruhigem Gewissen in vollen Zügen (!) genießen und sich dabei als guter Mensch fühlen darf, wenn man sich mit der Bahn, statt mit dem bösen SUV (pfui!) nach Hamburg oder Kiel zum Kreuzfahrtterminal bringen lässt, wo die ADADIDA schon wartet.
Nur, ab da is der Zugstolz wieder voll inne Binsen, denn da lauert am Kai schon die Traumschiff-Scham.
Ganz neu auffem Schammarkt is „Shoppingscham“, weil die meisten Menschen mehr Klamotten in ihren Schränken haben, als Gelegenheiten, diese in ihrer Restlebenszeit überhaupt mindestens zwei Mal zu tragen – und sich täglich neuen Fummel dazu-shoppen.
Verdelli, wat waren dat noch Zeiten, als man eine Sonntagsbuxe besaß, auf die man peinlichst aufpasste, datt da bloß nix drankommt.
Da hatten wir noch Buxenstolz.
Kerl, wat hätte ich mich da geschämt, mit ´nem Loch inner Buxe.
Heute geht so´n textiler Trümmerhaufen als schamlose Designerhose durch.
Oppe Fleisch von Aldi ißt oder im Hühnerstall Moped fährst:
für allet gibt es gezz im Namen der Weltverbesserung Scham für Jedermann.
Und ich hab gleich zwei ganz neue Schamsorten erfunden:
Als ich im vorigen Jahrhundert meinen Führerschein machte, war et noch üblich – oder sogar gesetzlich so geregelt – datt man mit seinem Auto vor einer roten Ampel stehenbleiben musste.
Vermutlich habe ich et aber nicht mitbekommen, datt sich da in den vielen Jahren meiner Fahrpraxis wat geändert haben muss, denn, wenn ich mich so – wie anno dazumal gelernt – verhalte, und anner roten Ampel stoppe, gibt et entweder auf der Nebenspur Autos, die trotzdem noch bei Rot weiterfahren, oder Hintermänner/frauen, die mich böse anhupen, weil ich wegen des Rotlichts gebremst habe.
Und dat is mir dann immer so peinlich, weil ich ja nie so ein oller Knopp werden wollte, wie damals die Oppas mit Hut am Steuer und bunt gehäkelter Klorollenmütze auf der Heckablage.
Vielleicht sollte ich zur Nachschulung, denn ich hab eine weitere Macke, die ich nicht loswerde:
ich blinke immer, bevor ich irgendwo abbiegen will!
Wat willze machen; dat steckt einfach so drin. Dat krisse nich raus.
Und gezz leide ich immer mehr unter sonner komischen Brems- und Blinkscham.
Dat Leem is schwer. Soifz.
Schamante Grüße!
Sehr scharmante äh, Plural von Scham? Schäme?
Schamae?
Heute überkam mich Baumscham, weil dat se bei uns die ausgedienten Weihnachtsbäume zum Abholen anne Straße lechten. Da wächst so Bäumken jahrelang nix Böses ahnend inne Plantage, nur für dattet dann 2 Wochen inne warme Wohnung vor sich hin vertrocknen daaf.
Nää, dat mach ich nich mehr mit!
Volle Zustimmung! Geht mir ganz genau so!
Astrein!?
Da mach ich ersma nen Schampanjer drauf auf.
?
Gut, dass ihr den Kohlenpott schon vor Jahren dicht gemacht habt. Wegen dem Kohlenfeinstaub. Sonst müßtet ihr euch heute staubschämen.
Ich warte immer noch darauf, dass mich die Carnivorenscham ergreift und ich auf Fleisch verzichte. Aber in einem Anfall von Weißbrotscham habe ich doch tatsächlich angefangen zu dinkeln…
????
Vielleicht sollte man doch mal einen Spezialisten einschalten … einen Schamanen vielleicht?
Schampar, sowas!
ein volk voller schamanen.
Aber Schamhaar ist verboten?
Ein Schamde das, aber voll gut dein Text, lieber Lo!
Was sag‘ ich: prima Glosse!
Lieber Lo, einen neuen klugen Scham-Begriff finde ich gerade nicht, da sind mir die Vorschreiber schon zuvor gekommen.
Aber ich freue mich, dass im vorigen Jahrhundert in den Fahrschulen in Ost und in West die gleichen Regeln übermittelt werden, die für mich bis 2018 bindend waren. Na gut, aus Dusseligkeit habe ich vielleicht mal eine rote Ampel überfahren, aber nie planmäßig.Inzwischen gehört es ja schon fast zum „guten Autofahrerton“, wenn man was auf seinen BMW/Audi/Porsche hält – da hält man doch nicht an!
Machste jetzt in schamanische Psychologie? Sehr schön 🙂
Was auch um sich greift ist aggressive Huperei.
Wenn ein Ortsfremder innerorts mal vom Gas geht, um das Straßenschild einer Querstraße zu lesen, wird er sofort angehupt und aggressiv überholt.
Wenn ein Ortsfremder nicht mit 65 Sachen über eine unübersichtliche Kreuzung brettert, sondern sich mit nur 45 drübertastet und dabei vielleicht noch zwischen zwei auf dem Kopfsteinpflaster zwischen Straßenbahnschienen nur unzureichend markierten Fahrspuren landet, klemmt sich natürlich sofort einer hinten an dessen Stoßstange und hupt ihn über die Kreuzung. Wir wissen ja: Stress erhöht Konzentration, Orientierungssinn und allgemein die Fahrtüchtigkeit.
Wenn der erste an der roten Ampel beim Wechseln nach Gelb nicht sofort lossprintet und den Haltebalken am Ende der Gelbphase noch nicht hinter sich hat, wird natürlich von hinten fett gehupt.
Wenn ein Rechtsabbieger an einer Ampelkreuzung geradeausgehende Fußgänger oder Radfahrer passieren lässt, statt ihnen die Vorfahrt zu nehmen oder sie gleich in den Asphalt zu walzen, hupt natürlich auch wer. Nicht einmal kurz, sondern fett und dauerhaft. Und natürlich nicht jemand weit hinten, der nicht sieht, warum trotz Grün nichts geht, sondern der zweite in der Schlange, der genau sieht, was da los ist.
Es macht sich da eine bräsige Rücksichtslosigkeit breit, die mich persönlich ziemlich stört.
Ich bemerke auch, dass das Verkehrsklima rauer wird. Der Straßenverkehr hat sich schon zu einer Art Bürgerkrieg entwickelt.
Verkehrsregeln werden von vielen als lästige Behinderung ihres Rechtes auf Selbstverwirklichung gesehen.
Die Welt den Schameuren!
Ja, es gibt charmante Scharmeure, Scharm-Lose und Scharm-Nieten.
Und irgendwo farbwechselt noch das berühmte Scharma-Schamelion durch die Welt.
Wieder schamlos köstlich, lieber Lo!
Mein Nachbar meiner Jugendzeit sprach mit Overstolz im Mund. Immer.
In meiner späten Jugend konnte ich mit HB antworten (von Vadder geklaut).
😀 komisch nur, dass sich vorher keiner geschämt hat, gell! Und die Fleischesser schämen sich immer noch nicht – da könnte man noch weit ausholen …. ich fliege jetzt gerade 😆
Happy landing! 🙂
Da haben wir uns, glaub ich, ein wenig falsch verstanden … ich hätte schrieben sollen, ich fliege jetzt ERST RECHT. 😀 Aber im November war ich – nach 40 Jahren Abstinenz erstmals wieder geflogen und was soll ich sagen, es war toll! 🙂
Heute in Scala, der Sendung mit der Kulturmaus auf Hörfunk WDR5, gab es ein sinniges Gespräch über die „Digitalscham“. Na, es gibt viele Schambereiche, die zu kennen ich mich nicht schäme.
Wieso Anonymous?
Habe blank wie immer als rainer kuehn gepostet.
Und die Kommentare sind köstlich! Schon lange nicht mehr so gelacht! 🙂
Einfach Klasse und vielen Dank!
Meine Schwiegermutter war aus Datteln – was war das eine tolle Frau!
Deine Texte erinnern mich an sie!
Schööööön! Die Art von Humor und die Sprache.
Viele liebe Grüße aus Bayern von Renate
Also Blinken und an roten Ampeln stehen bleiben…das ist wirklich aus der Mode 😉
Deine Definition der Flugscham ist erschreckend treffend. Schämen und sich weiter nix scheren. 🙈
Zugstolz gefällt mir sehr. Ich bin ja immer dafür, dass man das Positive heraushebt. Darüber und über Fahrradfreude oder andere schöne Dinge sollte viel mehr berichtet werden. 🙂