Arsch hoch! (auch zum Hören)

Froos Neuss! 

Gezz mal ehrlich:
isset nich komisch, wenne gefragt wirss,
oppe auch gut “rübergekommen” biss, in dat neue Jahr?

Na, logo, bisse rübergekommen!
Wahrscheinlich haben et sogar alle geschafft.
Jedenfalls kenn´ ich keinen, der da noch im alten Jahr hängen geblieben is,
et sei denn, er hat Silvester nich überlebt.

Ja, und dann is man ja gespannt, wat dat neue Jahr wohl so bringt…

Wie?
Dat Jahr?
Dat bringt wat?
So, wie der Weihnachtsmann?
Oder eher so, wie Amazon?
Amazon bringt nämlich nur dat, watte auch selbs bestellt hass.
Meistens jedenfalls.
Ob dat allerdings so, wie bestellt geliefert wird, dat is ´ne andere Frage.
Aber nur darauf warten, datt dat Jahr wat bringt, dat is zu einfach!

Und so is dat auch mittem neuen Jahr.
Da musse Dich schon en bissken selbs drum kümmern,
datte ordenlich Lebensfreude und richtich Spass im neuen Jahr kriss!

header kohlenspott Exfrauen

Also – Arsch hoch, runter vom Sofa!
Dat Jahr is jung – lasst uns wat draus machen!

Aber wat richtig Schönet!

Froos Neuss!
Euern

Lothar Lange Kohlenspott



Hier auch zum Hören:
„Arsch hoch!“

Kohlenspott: Arsch hoch  / Jingle: Cleric – In the moment of inspiration / Jamendo.com (free)

 

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Ein garantiert leicht umsetzbarer Vorsatz…


Auch 2024…

…nix umkommen lassen!

 

 


 

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Glücksgefühle zum Schnäppchenpreis!

Isset nich so? Wat in den letzten Tagen so an Glückwünsche durche Gegend schwirrt:
die ganze Luft is davon richtich am Flimmern:

„Allet Gute für´t Neue Jahr!“ – „Viel Glück für 2024!“
„Happy new year!“ – „Froos Neuss!“ – „…und gesund bleiben!“
„Zufriedenheit!“ – „Allet Liebe!“ – „Komm gut rein!“
„366 glückliche Tage! – Hömma: is `n Schaltjahr!“

Ja, da kann dat neue Jahr ja nur richtig gut werden.
Eigentlich dürfte bei so viel Glückwünscherei nix mehr schiefgehen, oder?

Ich freue mich ja, datt ich von Natur aus nich mit Pessimismus ausgestattet bin, für sowatt hatten wir früher kein Geld, und heute sehe ich ja, wat et denen einbringt, die ihn haben und ihn immer mit sich rumschleppen und versuchen, andere damit anzustecken. Die lassen nix Gutet zu, schützen sich mit ihrem Misstrauen so erfolgreich vor Spässken und Glück, datt se am Ende damit alleine bleiben. Mit der Genugtuung, datt se zumindest Recht mit Ihrer Einstellung behalten haben: et gibt kein Glück.

Aber gegen ein kleinet bissken Skepsis is ja nix einzuwenden, und darum hab ich gedacht, et könnte nich schaden, dem Glück ein bissken entgegenzugehen, damitt et et leichter hat, mich zu erreichen.
Und dat is auch gar nich schwer, et sei denn, man hat keinen Supermarkt in der Nähe, bei dem et All-die guten Dinge für´n kleinen Preis gibt, so wie hier bei uns im Ruhrgebiet:

Glücksgefühl für nur € 2,49

Ich hab sofort erst mal eine Pulle davon für mich gesichert.

Aber auch nur für den vermutlich unwahrscheinlichen Fall, datt dat mit der ganzen gegenseitigen Wünscherei möchlicherweise eventuell unter Umständen nich klappen sollte. Wat ich aber nich glaube. Dat wird schon…!

Also!
Kommt einfach gut rein, und seht zu,
datt Ihr auch schön glücklich drin bleibt, im neuen Jahr!

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Weihnachtswünsche in den 50ern.

In einer meiner Schatzkisten schlummert eine alte Ausgabe der HÖRZU vom 10. Dezember 1955. Gestern kramte ich sie wieder einmal hervor, um darin zu blättern: und sofort tauchte ich ein in die Zeit der Pettycoats und des Wirtschaftswunders. Eine Zeit, in der es begann, in Deutschland so langsam wieder bergauf zu gehen, und in der die Weihnachtswünsche noch bescheiden ausfielen, wie man hier in den Anzeigen von 1955 sehen kann.

Ein Stück Palmolive-Seife zu DM 1,50 als glücklichmachendes Weihnachtsgeschenk für die Frau, oder besser noch, die Luxusversion mit drei Seifenstücken im Geschenkpaket zu DM 2,25

Und damit auch der Herr des Hauses zu Weihnachten glücklich ist, bekommt er einen Gilette-Rasierapparat zu DM 5,00 mit durchsichtigen Kunststoffetui in hübscher Weihnachtsverpackung unter den Baum gelegt. „Darüber freut er sich bestimmt“, verspricht die Werbung von damals.

Das Festmahl an Heiligabend bestand meist aus Kartoffelsalat mit Würstchen,  und wer sogar schon ein Rundfunkgerät besaß, genoss das Mahl bei weihnachtlichen Klängen aus dem Radiolautsprecher.
Wir hatten kein Wohnzimmer, sondern nur eine kleine Wohnküche mit einem Kohleofen darin, und wenn die Herdplatte rot glühte, streuten wir ein paar Tannennadeln darauf, damit es schön weihnachtlich duftete.

Und was das Christkind in den 50ern so alles an Spielzeugträumen „im Angebot“ hatte, habe ich hier einmal zusammengestellt, und weiter unten sind Links zu meinen bisherigen nostalgischen 50er-Jahre-Spielzeugtraum-Beiträgen zu finden…

Viel Freude beim Betrachten und Erinnern!
Allen eine richtig schöne Weihnachtszeit!

Kinder-Weihnachtswünsche – Spielzeug in den 50ern

Spielzeugträume von einst…

Spielzeugschätze damals: Knatterboot & Haribo-Flieger

Spielzeugträume (2) von damals…

Kinderträume aus Blech in den 50ern und danach.

Spielzeugträume (5) damals…


Das Schönste im Leben ist der Wunsch  –  das Nächstschönste die Erfüllung.
Margaret Mitchell

 

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Maria, die Trümmerfrau aus dem Rama-Karton.

Header Rama2

Seit ungezählten Jahren schlummert in unserem Keller ein uralter Rama-Karton, der nur einmal im Jahr – in der Adventszeit – hervorgeholt und vorsichtig geöffnet wird, denn darin befindet sich ein uralter kleiner Holzstall und in alte Zeitungen eingewickelte bunte Krippenfiguren aus Pappmaché, die schon den zweiten Weltkrieg überstanden haben.

Nicht aber Kriegsfolgen, sondern vier Kinder-Generationen sind für den Gesamtzustand der alten Figuren verantwortlich: dem Hirtenhund fehlen beide Ohren, dem Esel wurde zumindest eines wieder angeklebt, die Beine des Kamels haben schon viele Frakturen erlitten, aber UHU sei dank ist das olle Höckertier immer noch standfest. Maria, die recht gut erhaltene Trümmerfrau, ihr ollen Jupp und der kleine Hosenscheißer in der Krippe sehen trotz ihres hohen Alters immer noch ganz prima aus.

Doch richtig spannend sind die alten Zeitungen, die die heilige Sippschaft umhüllt, um sie vor Bruchschäden zu schützen. Diese sind aus dem Jahr 1982 und 1986.

Das Angebot der 0,7 l-Flasche Mariacron zu DM 11,99 passt zur heiligen Familie wie das Kamel zur Nachricht über den günstigen Benzinpreis (DM 1,21 für den Liter Normalbenzin).  Ja, und die drei Könige entpuppen sich tatsächlich als Orient-Teppichhändler. Mit 50% Rabatt. Selbstverständlich..

Und hätte Maria bei dem Angebot, einen OPEL-Kadett „Silver-Jet“, metallic  1,3 Liter Normalbenzin, 3-türig, Luxus  für nur DM 13.350.- zu erstehen, nicht vielleicht doch auf den Esel verzichten können? Notfalls auf Raten mit einem „Superzins“ von nur 11,5 % effektiv?
Gut, vielleicht aber ahnte die Maria damals schon, dass ihr Sohn später einmal in Jerusalem alle Händler und Geldwechsler aus dem Tempel scheuchen wird. Vielleicht gab es damals aber auch noch keine Autos, oder es waren noch Monatsraten auf dem Esel offen?
Wer weiß?

Aber, was ist das denn da?

Guck mal: da! Ganz unten im Rama-Karton!
Lametta? Tatsächlich. Lametta-Reste.

Ramakarton Kohlenspott (2)

Dann stimmt es ja doch, was Opa Hoppenstedt bei Loriot zu Weihnachten 1976 ausrief:

„FRÜHER WAR MEHR LAMETTA!“

Also!
Bis die besinnungslosen Tage!


Wegen Umwelt, Planetenrettung und so:
dieses ist ein sehr sorgfältig recycelter Beitrag aus dem Jahre 2017,
sekundenkleberfrei.
Lo.

 


 

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„Kommen Sie zurecht?“

„Ganz schön schubbich isset!“  Oder „usselich„, wie man hier im Ruhrgebiet zu sagen pflegt, wenn eisigkalter Wind mit Nieselregen gepaart die Menschen lieber ins Warme flüchten lässt, als dass sie durch die vorweihnachtlich lichterstrahlende City flanieren und windowshopping betreiben, wie es heute auf neudeutsch heißt.

Trotz des ungemütlichen Usselwetters brummt es aber in der Fußgängerzone. Vor den Weihnachtsmarkt- und Bratwurstbuden – und besonders um die Glühweinstände herum – scharen sich fröhliche, manchmal schon leicht angeglühte Menschen, ihre heißen Tassen mit beiden Händen umfassend, um sich auch äußerlich ein wenig daran zu erwärmen.

Mir ist kalt. Ich schaue mir das bunte Treiben an und erinnere mich plötzlich an Bilder aus meiner Kindheit, um wieviel schlichter doch die Geschäfte früher zur Weihnachtszeit geschmückt und beleuchtet waren: meist mit Tannengirlanden und vielen Glühbirnen daran. Die Spielzeugläden hatten als Attraktion eine elektrische Eisenbahn im Schaufenster, die dort stundenlang ihre Runden drehte und für Spuren von plattgedrückten Kindernasen auf den Schaufensterscheiben sorgte.

Ein wenig sentimental gehe ich weiter, der Wind ist ungemütlich, ich schlage meinen Mantelkragen hoch und betrete schon wenig später das strahlend hell erleuchtete Bekleidungshaus. Licht lockt Leute!, so sagt man. Und warm ist es dort.
Gleich im parterre – die Herrenabteilung.

Ein Tick von mir: Hemden.
Wenn mir eines spontan gefällt, nehme ich es mit. Bezahlt natürlich.
Die Wärme des Hauses genießend schaue ich mir Hemden an, fühle den Stoff, schaue auf den Preis, suche weiter.

Plötzlich erscheint neben mir eine junge Frau, wie aus dem Nichts, schaut mich sehr freundlich an und fragt:

„Kommen Sie zurecht?“

Ein Glücksgefühl überkommt mich. Überraschend.
Ein Mensch interessiert sich für mich,
für mein Leben, möchte wissen, ob ich zurecht komme.
Ich bin sprachlos und spüre einen leisen Hauch von Gerührtheit:
es gibt also doch noch Menschlichkeit, ehrliches Interesse am Mitmenschen, Empathie, Anteilnahme.
Mag sie mich? Wirke ich vielleicht interessant auf sie?

„Kommen Sie zurecht?“

Diese Frage, ich habe sie noch im Ohr und weiss gar nicht, was ich diesem wunderbaren Menschen entgegnen soll. Komme ich wirklich zurecht?
Soll ich ihr sagen, dass ich eigentlich recht zufrieden mit meinem Leben bin?
Dankbar darüber, mein Leben lang gesund geblieben zu sein?
Und dafür, dass meine Familie gesund ist? Dass ich aber manchmal auch meine kleinen Sorgen und Nöte habe?
Na ja, dass es hier und auch schon mal Wünsche gibt, dass ich mir manchmal mehr Zeit wünschte für die Dinge, die ich immer schon einmal machen wollte? Dass ich so gern einmal ein ganzes Jahr am Meer leben würde, und schreiben, malen und alles das tun, wonach mir gerade ist? Vielleicht alte Freunde treffen. Den Kopf in den Wolken haben…
Doch, ja  – so denke ich vor mich hin: ich kann zufrieden sein.

Ich schaue die junge Dame freundlich voller Dankbarkeit über ihr Interesse an mir an – und bevor ich ihr antworten kann, sagt sie lächlend:

„Wir haben diese Hemden auch in „Regular fit“,  falls Sie mit „Slim fit“ nicht zurecht kommen sollten!“

Zack!!! Peng!!!
Wusst´ ich´s doch: die Welt ist schlecht.
Verdelli! Und dat vor Weihnachten!

Bissi Tage!

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Zum Schießen!

Nee, nee, neee….

Es baumeln schon wieder an vielen Fassaden
diese Nikolaus-Papp-Kameraden!
So mit Bart und mit Sack.
Wer hat nur so´n Geschmack?
Würd´ die Flinte zum Abschuss gern laden…

Lo.

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Ich bin auf Partnersuche. (Podcast)

So. Ich habe mir ein Herz gefasst, und mich nun aktiv auf Partnersuche begeben.
Diese Vorweihnachtszeit ist wie geschaffen dafür:
man sehnt sich nach Licht, Wärme und überhaupt….

Aber hört selbst:

*Hach*

 

🙂

Nachtrag:

Ich bin glücklich.
Glücklich, die richtige Wahl getroffen zu haben.
Nun ist sie bei mir zu Hause, das auch ihr Zuhause sein soll.
Dieser nordische Traum. Schlank. Gut gewachsen.
Ich nenne sie Frau Nordmann.
Ich glaube, das mag sie.
Augenblicklich liegt Frau Nordmann auf dem Balkon.
Sie möchte sich so ihre jugendliche Frische erhalten.
Ich habe ihr gestern abend bei einem Glas Rotwein die Treue geschworen.
Bis zum Dreikönigstag.
Frau Nordmann und ich wollen trotz aller Zuneigung getrennt schlafen.
Das geht völlig in Ordnung.

Sie bekommt nämlich die Krippe.

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Schattengewächs.

S c h a t t e n g e w ä c h s .

Schau, diese Blumen, zart und fein,
entsprungen aus dem Sonnenschein.
Ein flüchtig Bild, und doch so schön,
für kurze Zeit nur anzusehen.
Mir zur Freude, zum Genießen,
ich brauch sie nicht einmal zu gießen.

Lo


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UnHei(m)lig.

HEADER LebensStücke

Ich las neulich einen Satz, im dem das Wort ´heilig´auftauchte, und merkte, dass sich mir sofort die Stacheln aufstellen wollten, weil ich spontan an meine Kindheit in den 50er Jahren und die alte, stets streng dreinblickende katholische Omma Urbanski erinnert bin, die Tür an Tür neben uns im Dachgeschoß (mit Gemeinschaftsklo auf halber Treppe) wohnte.

In ihren Augen waren wir eine sündige Familie. Meine Mutter wurde schon sehr jung Witwe, und ich bin dann ein paar Jahre später „unehelich“, wie man es, schon damals für mich als Kind unangenehm spürbar, naserümpfend nannte, geboren. Evangelisch dazu. Pfui. Ihre moralische Entrüstung trug Omma Urbanski als eigenen Heiligenschein vor sich her. Sie war nämlich Fräulein geblieben.

Ihre kleinen zwei Zimmerchen waren vollgestopft mit frommem Kram, Kruzifixen, einem kleinen Weihwasserkesselchen an der Wand und düsteren Heiligenbildchen, die mir immer etwas Furcht einflößten, weil die Gesicher darauf immer nur ernst oder furchtbar leidend dreinschauten, genau wie sie selbst.
Es roch bei ihr auch immer so muffig nach alter Omma und Weihrauch.

Ihr strenger Blick gab mir kleinem Knirps stets das mulmige Gefühl, irgend etwas falsch gemacht zu haben, in ihren Augen nicht fromm, nicht brav genug zu sein, was ich, das erstere betreffend, eigentlich auch überhaupt nicht war. Wir waren die einzigen Nicht-Katholiken im Haus und hatten es nicht so mit dem Kirchenbesuch. Die muffigen Moral-, Anstands- und Denkregeln der 50er Jahre und besonders die der Kirchen ließen bei einfachen Leuten wie meiner Mutter und mir sehr schnell das Gefühl des Weniger-wert-seins aufkommen.

Gut, Omma Urbanski liess mich, da wir kein eigenes Radio besaßen, hin und wieder samstags an ihrem uralten Radiogerät den Kinderfunk vom NWDR mit „Pingo, Pongo und dem starken Heinrich“ hören, jedoch nie ohne den Versuch, mich über das von ihr vermutete Lotterleben und die männlichen Besucher meiner Mutter auszufragen. Vielleicht war die Ausfragerei auch nur der Grund, mich bei ihr Radio hören zu lassen. Manchmal gab sie mir so kleine Heiligenbildchen mit frommen Sprüchen mit, deren Botschaft ich aber nicht verstand. Diese Bildchen landeten dann irgendwann in unserem Kohleofen.

Die anderen Kinder in unserem Haus waren allesamt katholisch, gingen beichten und mir kamen deren Eltern immer etwas strenger, frommer vor. Sonntags gingen sie dann alle in ihrer piekfeinen Sonntagskleidung in die Kirche.
Und wenn ich einmal bei meinen Spielfreunden zum Mittagessen bleiben durfte, waren mir immer die Momente komisch, an denen vor dem Essen gebetet wurde. Brav faltete ich dazu auch meine Hände und hoffte, dass bloß niemand merkte, dass ich den Text nicht richtig mitsprechen konnte. Eigentlich mochte ich schon allein wegen dieser Tischgebetsmomente nur sehr ungern bei Freunden mitessen.

Wenn für meine Nachbarskinder, die ja auch dann, wie es sich gehörte, die katholische Schule besuchten, die Zeit ihrer „Kommion“… kam, bemerkte ich, dass sie sich veränderten: das Thema Jesus und Beichte und Sünde waren nun wichtig – und mir wurde auch klargemacht, dass es falsch sei, wenn man seine Sünden nicht beichtet, weil man dann in die Hölle kommt, die ich mir bildhaft als eine tief unter der Erde liegende Riesenhöhle voller Feuer vorstellte, in der der Teufel lebte. Mir war dieses Glaubenmüssen, das Furchteinflößen, diese Strenge und das unvermeidbare, vermutlich gewollt erzeugte schlechte Gewissen, das daraus folgte, schon als Kind immer unheimlich.

Und das ist bis heute so geblieben: verzückte Heiligenverehrungen durch eigentlich aufgeklärte Menschen in der heutigen Zeit oder gar ihr kindlich naiver Glaube daran, dass dank eines „Heiligen“ namens Blasius zwei gekreuzt vor den Hals gehaltene geweihte Kerzen bei Halsschmerzen helfen, lassen mich immer etwas verwundert zurück.
So´n Placeboeffekt funktioniert bei mir auch ohne Heilige.

Kohlenspott Sommerloch (17)

Soll mich doch der Teufel holen.

Also: bis die Tage!

 


Text aus 2018 – den ich – wie ganz neu für mich in den Tiefen meiner Beiträge entdeckte, und ihn hier für wiederholenswert hielt. In der Tat erlebe ich es hin und wieder, dass ich auf meinem Rechner oder auf Festplatten alte Texte oder Gedichte von mir finde, die ich längst vergessen habe. Geht es anderen Schreibern und Schreiberinnen wohl auch so?
Auch irgenwie „unheimlich“…  
😉

 

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